Die japanische Universitätsreform der 90er Jahre und ihre Auswirkungen auf die Germanistik1

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Von Michael Mandelartz und YAMAMOTO Akihiko

Überarbeitete Fassung des gleichnamigen Aufsatzes in: Deutsch als Fremdsprache in Korea. Zeitschrift der Koreanischen Gesellschaft für DaF, H.4, August 1999, S. 226-247 [PDF]

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorbemerkung
  2. Die japanische Universität bis in die 80er Jahre
  3. Die Krise der japanischen Universitäten
  4. Die Universitätsreformen seit den späten 80er Jahren
  5. Germanistik und Deutsch als zweite Fremdsprache
  6. Schlußbemerkungen
  7. Anmerkungen
  8. Literaturverzeichnis

 

1. Vorbemerkung

Seit der Meiji-Zeit spielte die Germanistik unter den Fremdsprachenphilologien an japanischen Universitäten eine Sonderrolle. Von konservativen Politikern gefördert, um den aus England und Frankreich importieren demokratischen Ideen entgegenzuwirken (vgl. Naka 1998), konnte das Deutsche unter den zweiten Fremdsprachen bis in die jüngste Zeit seine führende Rolle behaupten. Inzwischen ist das Fach jedoch aus internen und externen Gründen in eine Krise geraten. Die seit der Nachkriegszeit mehrfach in Angriff genommene, aber erst seit Ende der 80er Jahre tatsächlich einsetzende Universitätsreform spielt dabei eine entscheidende Rolle. Es wird im folgenden darum gehen, die Germanistik innerhalb dieses wesentlich politisch bestimmten Feldes zu verorten.

Ich werde zunächst einige Grundlinien der japanischen Universität in Erinnerung bringen, wie sie bis in die 80er Jahre hinein einigermaßen unbefragt galten (1), anschließend die Probleme skizzieren, die sich daraus ergaben (2) und die Universitätsreform erläutern (3).Abschließend wird es um die Folgen für die Germanistik, die zweiten Fremdsprachen und das Deutsche gehen (4).2 Sämtliche Ausführungen beziehen sich, wenn nicht anders vermerkt, auf die staatlichen Universitäten. Die privaten Universitäten haben naturgemäß mehr Freiheiten bei der Gestaltung ihrer Studiengänge und spielen daher teilweise eine Vorreiterrolle. In Ausrichtung, Zielgruppe und finanziellen Möglichkeiten sind sie aber so unterschiedlich, daß sie nur schwer als Gruppe zu fassen sind. Dennoch ergeben sich Übereinstimmungen mit den staatlichen Universitäten, weil sie deren ökonomisches und demographisches Umfeld teilen. Zudem müssen sich auch die privaten Hochschulen an die Richtlinien des Erziehungsministeriums halten. Auch für sie gelten also die Grundlinien der Reformen, es müssen hier aber je nach Ausrichtung der Hochschule verschieden starke Abstriche gemacht werden.

2. Die japanische Universität bis in die 80er Jahre

Trotz der Studentenrevolte Ende der 60er Jahre (Zengakuren), die nur unerhebliche Veränderungen brachte, erhielt sich die Struktur der japanischen Universitäten, wie sie in der Nachkriegszeit entwickelt worden war, im Wesentlichen bis in die 80er Jahre. Übernahmen aus den USA bestanden neben Eigenarten, die sich aus dem Deutschland des 19. Jahrhunderts herschrieben, wie z.B. die Fakultätseinteilung oder die weitgehende Autonomie der Hochschulen in Berufungsfragen.

Es gab jedoch eine Tendenz der Hochschulen, etwa im Gegensatz zu Deutschland, sich von den Ansprüchen der Gesellschaft und besonders der Wirtschaft abzukapseln. Ausbildung im Sinne von Vorbereitung auf den Beruf fand und findet in Japan zum größten Teil innerhalb der Industrie und von staatlichen Stellen weitgehend unbeeinflußt statt. Die Universitäten vermitteln dagegen Bildung im eher schöngeistigen Sinne. Berufsvorbereitung betreiben sie nur für einzelne, staatlich beaufsichtigte Berufsgruppen, etwa Lehrer, Ärzte und Rechtsanwälte, und auch hier können die Prüfungen teilweise (nämlich für Rechtsanwälte) unabhängig vom Besuch einer Universität abgelegt werden.

Das Ansehen der Hochschulen und damit die Berufschancen ihrer Absolventen wird also weniger an dem fachlichen Wissen gemessen, das sie vermitteln, als an ihrer Tradition, ihrem Alter, dem Schwierigkeitsgrad der Eingangsprüfungen und insbesondere an der Quote der Absolventen, die in die angestrebten Positionen wechseln. Dieser Punkt sagt aber wiederum wenig über die Ausbildungsqualität der jeweiligen Universität aus, weil die Betriebe die Ausbildung weitgehend selbst betreiben. Die Universitäten waren damit bis zur Einleitung der Reformen in der angenehmen Position, ihren eigenen Vorstellungen von einem sinnvollen Studium unbehelligt von Einsprüchen aus Wirtschaft und Gesellschaft folgen zu können.

Als Kehrseite dieser Autonomie zeigt sich die relativ geringe finanzielle Ausstattung der Universitäten mit Personal- und Sachmitteln. Forschung findet in Japan ganz überwiegend in der Industrie, nicht an den Universitäten statt. Das veranlaßt bis heute die besten Köpfe, entweder ins Ausland — v.a. nach Amerika — oder in die industrielle Forschung zu gehen. Es gibt einfach nicht genug Mittel für die Universitäten, um die Führung in Technologie und Naturwissenschaften zu übernehmen, oder auch in den Geisteswissenschaften international konkurrenzfähig zu werden. Als Beispiel sei hier nur der Etat der DFG mit dem der JSPS (Japanese Society for Promotion of Science) verglichen:

Die JSPS gab 1997 etwa 42 Mrd. Yen für die Forschungsförderung aus, das sind etwa 640 Mio. DM. Demgegenüber standen der DFG 1998 Mittel in Höhe von 2,2 Mrd. DM zur Verfügung, also gut dreimal soviel. Hinzu kamen auf deutscher Seite 396 Mio DM vom DAAD für den internationalen Austausch sowie die Stipendien der Alexander von Humboldt-Stiftung.3

Diese Situation hatte (und hat) zur Folge, daß das Interesse an einer wissenschaftlichen Weiterqualifikation nach dem vierjährigen Bachelorstudium äußerst gering ist. Während in Deutschland auf fast jeden fünften Magister- bzw. Diplomabschluß eine Promotion oder Habilitation kommt (18,7% / 1,1 %, 1992), entfallen in Japan auf 100 Absolventen nach dem 4jährigen Grundstudium nur 7,9 Masterabschlüsse und 1,6 Promotionen (1994) (vgl. Hemmert 1999: Kap. 3.4, Tab. 2). Bedenkt man zudem, daß der japanische Master sowohl von der Dauer (4 + 2 Jahre) als auch vom wissenschaftlichen Niveau her in etwa dem ersten deutschen Abschluß entspricht, so stehen den fast 20% Promotionen und Habilitationen in Deutschland nur 1,6% Promotionen in Japan gegenüber, die — v.a. in den Geisteswissenschaften — zum Teil von Professoren in fortgeschrittenem Lebensalter abgelegt werden.

Die innere Struktur der Universitäten wird bis ca. Ende der 80er Jahre von der Zweiteilung in das Studium Generale (Ippankyouyou, allg. Kultur, Erziehung) an besonderen Fakultäten (Kyouyoubu) und das Fachstudium (Senmonkenkyuu) an den übrigen Fakultäten geprägt. Innerhalb des Studium Generale werden nahezu sämtliche Fächer einschließlich der Naturwissenschaften auf dem Niveau eines einführenden Überblicks sowie Englisch und eine zweite Fremdsprache gelehrt. Mit dem dritten Studienjahr beginnt das Fachstudium, für das sich der Zeitaufwand der Studenten jedoch schon im vierten Jahr wegen der Stellensuche in Grenzen hält. Nicht nur für die Studienplanung, auch für das Selbstverständnis der Professoren und die Selbstorganisation der Universitäten spielt der Gegensatz von allgemeinbildendem und Fachstudium eine große Rolle: die Professoren der allgemeinbildenden Fakultäten werden von ihren Kollegen eher als Didaktiker denn als Wissenschaftler eingeschätzt, so daß sich innerhalb der Universitäten zwei Lager von Professoren bilden, zwischen denen es kaum Querverbindungen und Übergänge gibt.

3. Die Krise der japanischen Universitäten

Das skizzierte Universitätssystem war so lange haltbar, wie es keine negativen Auswirkungen auf die Ökonomie hatte. Die Universitäten waren mit ihrer Autonomie und die Wirtschaft mit den Absolventen zufrieden, die sie nach ihren eigenen Vorstellungen und je nach Betriebsgröße mit unterschiedlichem Tiefgang ausbilden konnte. Die Trennung von Bildung und berufsvorbereitender Ausbildung führte jedoch langfristig zu einer Schwäche insbesondere der Grundlagenforschung, die ihrerseits auf die Ökonomie zurückschlagen mußte, sobald Japan den seit dem 19. Jahrhundert eingeschlagenen Weg des Aufholens gegenüber den westlichen Ländern abgeschlossen hatte (vgl. Hemmert 1999: Einleitung).

Bis in die 80er Jahre ergab sich die Konkurrenzfähigkeit Japans gegenüber anderen Industrieländern teils aus der Struktur der Außenhandelsbeziehungen, teils aus Vorsprüngen in der Rationalisierung, wie z.B. der von Toyota entwickelten schlanken Produktion. Grundlagenforschung fand weitgehend in Amerika und Europa statt, während Japan sich darauf konzentrierte, die dort gewonnenen Erkenntnisse in die industrielle Produktion umzusetzen. Seit etwa den 70er Jahren hält Japan ökonomisch mit den USA und Europa gleichen Schritt. Die spezifischen Vorteile bei den Außenhandelsbeziehungen gingen mit der Integration des Weltmarktes seit den 80er Jahren zunehmend verloren, und die japanischen Produktionsmethoden wurden ebenfalls im Laufe der 80er und frühen 90er Jahre von den anderen Industrieländern übernommen, soweit sie Vorteile versprachen. Konkurrenzvorsprünge sind jetzt nicht mehr durch die Übernahme westlicher Forschungsergebnisse zu erzielen, sondern durch den Aufbau einer selbständigen Grundlagenforschung und die eigenständige Neuentwicklung von Produkten, die einen Selektionsvorteil vor der Konkurrenz versprechen. Grob gesagt ist v.a. im Bildungswesen ein Paradigmenwechsel von der Kopie zur Idee gefordert, und zwar im Rahmen einer Neuorientierung der Schulen und Universitäten hin zur Berufsvorbereitung. Dieser Paradigmenwechsel stellt an das Bildungs- und Ausbildungssystem ganz neue Anforderungen:

Es überrascht kaum, daß sich bei der Umsetzung eines solchen Programmes in den Universitäten Widerstand regte. Aus verschiedenen Testläufen, Umstrukturierungen, Reformansätzen und dem Eigengewicht der alten Strukturen ergibt sich mithin eine komplexe Mischung, die die gegenwärtige Universitätslandschaft bestimmt.

4. Die Universitätsreformen seit den späten 80er Jahren

1984 wurde von dem damaligen Ministerpräsidenten Nakasone ein Nationaler Bildungsreformrat eingesetzt, der bis 1987 Vorschläge in Richtung der oben genannten Punkte machte (Vgl. Schoppa 1991: 211-250; Georg 1993: 81-86 sowie Teichler 1994). Divergierende Zielvorstellungen5 und Widerstände aus dem Erziehungsministerium, das sich von Nakasone in seiner Zuständigkeit übergangen fühlte und für das starre Bildungssystem nicht zuletzt verantwortlich war, sowie Streitigkeiten zwischen dem Erziehungsministerium und dem MITI verhinderten jedoch klare Resultate und erst recht eine effektive Umsetzung. Im Laufe der 90er Jahre wurde die Bildungsdiskussion erneut entfacht, als sich nach dem Zusammenbruch der Bubble Economy zeigte, daß die Verzögerung einer Reform ernsthafte ökonomische Folgen zeitigte. Weiterer Reformdruck entstand durch die erwarteten starken Rückgänge bei den Studentenzahlen (die jedoch, ganz ähnlich wie in Deutschland, bis jetzt nicht eintraten). 1997 richtete das Erziehungsministerium daher ein University Council ein, das ein Jahr später seinen Bericht vorlegte (vgl. University Council Report 1998; Asahi Shinbun, 1.7.1998). Im wesentlichen werden darin die Forderungen der früheren Kommission wiederholt. Festzustellen ist allerdings, daß das Erziehungsministerium seine Position geändert hat und die Universitätsreform dadurch mit mehr Nachdruck durchgesetzt wird.

Schon vor dem hier behandelten Zeitraum wurde 1973 in Tsukuba eine Modelluniversität mit hervorragender Ausstattung gegründet, deren Autonomie durch eine starke Stellung des Präsidenten und der Vizepräsidenten beschnitten wurde. Sie konnte jedoch nie richtig in das Universitätssystem eingegliedert werden und blieb daher ein Einzelfall (Gründungsentscheidung schon 1963). Derselbe Ansatz der Stärkung des Präsidenten findet sich noch im Papier des University Council von 1998 (Vgl. University Council Report 1998: 3.3.iii; Asahi Shinbun, 1.7.1998), kann sich aber in der Praxis kaum noch durchsetzen. Daneben wurden in den 80er Jahren einige hervorragend ausgestattete Forschungsinstitute außerhalb der bestehenden Universitäten eingerichtet, deren Professoren von Lehrverpflichtungen weitgehend befreit wurden (in Kyoto für Japanologie sowie in Hokuriku und Nara). Als Studenten werden je nach Institut nur Doktoranden oder auch zusätzlich Masterstudenten zugelassen. Die Einheit von Lehre und Forschung wird dort also zurückgewonnen, indem man die Undergraduates ausklammert. Teils aufgrund ihrer isolierten Stellung im Gefüge der Universitäten, teils auch wegen der Haushaltslage sind keine weiteren Neugründungen mehr zu erwarten. Allerdings haben mehrere Universitäten Forschungsinstitute nach diesem Modell eingerichtet (z.B. Metalltechnik in Osaka).

Der erste große Reformschritt Ende der 80er Jahre war die Auflösung der Fakultäten für das Studium Generale, der Kyouyoubu. Damit sollte das Fachstudium gestärkt und die ineffektive Lagerbildung innerhalb der Universitäten beendet werden. Dieser Vorgang entspricht in etwa der Auflösung der Pädagogischen Hochschulen in Deutschland und führte auch zu vergleichbaren Kämpfen innerhalb der Universitäten und der Universitäten mit dem Erziehungsministerium. Die Besorgnis der Professoren der Philosophischen Fakultäten, nach der Eingliederung der Professoren aus der alten Kyouyoubu die wissenschaftliche Reputation zu verlieren, führte an mehreren führenden Universitäten beispielsweise dazu, daß den Neuankömmlingen die Integration in die Promotionsstudiengänge verweigert wurde. Diese entwarfen im Gegenzug ihre eigenen Promotionsordnungen, so daß man heute z.B. an der Universität Tokyo Germanistik bis zur Promotion sowohl an der alten Philosophischen Fakultät in Hongo als auch an der früheren Ippankyouyou in Komaba studieren kann. Damit wird zwar ein Teilziel der Reformkommissionen erreicht, nämlich die Ausweitung der Graduiertenstudiengänge, aber — zumindest in der Sicht der Öffentlichkeit wie auch von Teilen der Universitätsangehörigen — auf Kosten der Qualität.

Auf Seiten der Studenten hat die Auflösung der Kyouyoubus zur Folge, daß der Übergang vom allgemeinen zum Fachstudium in der Regel früher und fließend erfolgt. Die Studenten können Fachveranstaltungen schon im ersten Studienjahr besuchen, so daß Fach- und Allgemeinveranstaltungen bis zum Abschluß des zweiten Studienjahres parallel laufen. An den technischen Fakultäten wurde das Studium Generale bis auf Restbestände — insbesondere Englisch — vielfach fast ganz abgeschafft.

Dies hat in den letzten Jahren zu einer Fülle von curricularen Neuerungen geführt, die auch dadurch begünstigt werden, daß das Erziehungsministerium den Universitäten seit 1991 mehr Freiheiten bei der Ausformulierung von Curricula gibt. So war z.B. die Gesamtzahl der Credits im 4jährigen Studium vor der Reform auf etwa 140 festgelegt; inzwischen können die Fakultäten innerhalb eines vorgegebenen Rahmens die Stundenzahl erhöhen oder absenken (Universität Iwate: 126).6 Der Anteil des Fachstudiums wird von den vor der Reform vorgegebenen 50% ebenfalls erhöht (Universität Iwate: Philosophische Fakulltät: auf 66%, technische Fakultät: auf 75% ). Speziell der Anteil der zweiten Fremdsprachen wurde reduziert, besonders für die Studenten der technischen Fakultäten. So wurden noch 1994 durchgängig 8 Wochenstunden veranschlagt, heute sind es beispielsweise an der Universität Iwate noch 6 für die Studenten der Philosophischen Fakultät und nur 4 Wochenstunden für die Studenten der technischen Fakultät. An der Universität Gunma werden die Fachprofessoren in das Studium Generale einbezogen, indem sie zu Studienbeginn thematisch relativ offene Seminare anbieten, die den neuen Studenten einen ersten Eindruck von Universität eröffnen und die Entscheidung für ein Fach erleichtern sollen. Die Universität Kyushu bietet seit dem SS 1999 als Reaktion auf die zunehmende Zahl von Studenten mit begrenztem Interesse am Studium zwei Curricula an: eines auf erhöhtem fachlichem Niveau, ein zweites, das zumindest die Vermittlung grundlegenden Wissens garantieren soll.7 An einigen Universitäten, so z.B. an der privaten Waseda-Universität, wurden Sprachzentren gegründet, die zusätzlichen Fremdsprachenunterricht für besonders interessierte Studenten anbieten.

Auf breiterer Front werden neue Studiengänge eingerichtet, die sich einerseits auf neue Techniken wie die Biotechnologie oder Informatik, andererseits auf eine Diversifizierung der Philosophischen Fakultäten konzentrieren. Hier werden etwa die alten Philologien (deutsche, französische, chinesische Literaturwissenschaft und Linguistik etc.) durch breiter angelegte Kulturstudien ersetzt, die auch neuere Entwicklungen an den amerikanischen Universitäten wie etwa women studies aufnehmen. Die Einrichtung von Fernuniversitäten und Seniorenstudiengängen soll zudem lebenslanges Lernen ermöglichen und die Bürger enger an die Universitäten binden.

Der horizontale Übergang zwischen den verschiedenen Bildungsgängen wird erleichtert. Damit wird die Festlegung der Karriere schon im Vorschulalter zumindest teilweise wieder aufgehoben. So werden z.B. von einigen Universitäten inzwischen Absolventen der Kurzzeituniversitäten (2 Jahre) direkt in das 3. Studienjahr übernommen.

An den technischen und naturwissenschaftlichen Fakultäten setzt sich langsam die Praxis durch, Neueinstellungen auf der Basis von Zeitverträgen vorzunehmen. Damit wird der Druck auf junge Assistant-Professoren größer, sich fachlich oder auch innerhalb der Institution zu profilieren. Der Übergang zum Associate-Professor bringt dann in der Regel die übliche Anstellung auf Lebenszeit mit sich.

Das Erziehungsministerium läßt seit Mitte der 90er Jahre die Einwerbung von Drittmitteln in Form von finanzieller Unterstützung zu. Bis dahin waren Drittmittel nur in Form von Sachmitteln zulässig. Die Zusammenarbeit der Universitäten mit der Industrie, bei kleineren Universitäten v.a. mit lokalen Betrieben, wird dadurch erheblich erleichtert und wegen der Kürzungen auch in Anspruch genommen. Naturgemäß spielen die technischen Fakultäten dabei bislang eine Vorreiterrolle. Von den philosophischen Fakultäten werden Drittmittel bislang kaum eingeworben.

Kürzlich wurde die Gründung einer öffentlich-rechtlichen Agentur beschlossen, in deren Trägerschaft die nationalen Universitäten überführt werden sollen. Sie würde dann die Rahmenbedingungen setzen, unter denen die Universitäten miteinander konkurrieren und die zur Verfügung stehenden Gelder verteilen. Über die Organisationsstruktur der Agentur und die beteiligten Gruppen und Institutionen scheint aber — nach meinem Kenntnisstand — noch nicht abschließend entschieden worden zu sein.

Als Gesamtbild ergibt sich, daß das Erziehungsministerium und inzwischen auch die Universitäten selbst auf mehreren Ebenen mit neuen Formen experimentieren: die Spitzenforschung in den Technologien wird besonders gefördert, die zwei-Klassen-Gesellschaft unter der Professorenschaft wenn nicht aufgehoben so doch zumindest eingehegt, die Graduiertenstudiengänge ausgebaut. Die Diversifizierung der Universitäten und der angestrebte Abbau von traditionellen Privilegien der angesehenen Universitäten soll die Konkurrenz zwischen den Unis fördern und so zu einem forschungsfreudigeren Klima führen. Unter Hinweis auf die relativ allgemein gehaltenen Vorschläge der Reformkommission fordert das Erziehungsministerium die Universitäten zu eigenen Reformvorschlägen auf, allerdings in einem engen finanziellen Rahmen. Experimente einzelner Hochschulen werden begutachtet, diskutiert und ggf. von anderen übernommen. Die japanische Universitätslandschaft ist in Bewegung gekommen. Nun verzögern verschiedene Faktoren eine schnelle Umsetzung der Reformen. Davon seien genannt:

5. Germanistik und Deutsch als zweite Fremdsprache

Um die Veränderungen in der Germanistik zu verstehen, ist es wichtig sich zu vergegenwärtigen, daß Japan seit Ende des 19. Jahrhunderts nicht nur das Universitätssystem, sondern auch einen erheblichen Teil des Wissens aus Deutschland importierte. Das Deutsche war daher bis 1945 die Wissenschaftssprache schlechthin und an den Universitäten entsprechend stark vertreten. Mit der Umorientierung auf die USA änderte sich diese Situation nach 1945. Entsprechend dem Prinzip, daß man Traditionen in Japan nicht einfach ablegt, sondern als Sonderfall in einem veränderten Umfeld erhält, behauptete die Germanistik dennoch eine gute Position. An nicht wenigen Fakultäten lehren doppelt so viele Professoren Germanistik wie Romanistik oder etwa gleich viele wie Anglistik und Amerikanistik. Das ist eigentlich nur durch entsprechende Studentenzahlen zu begründen, und die fallen seit Mitte der 80er Jahre beträchtlich, wie die folgende Tabelle zeigt (Angaben in Prozent nach Yoshijima 1996: 50; neuere Zahlen stehen mir nicht zur Verfügung):

Belegungszahlen für die zweiten Fremdsprachen an der Universität Tokyo, 1984-95 (Angaben in Prozent)
Sprache\Jahr 1984 85 86 87 88 89 90 91 92 93 94 95
Deutsch 61,4 57,0 52,9 52,1 52,0 49,0 53,2 57,0 54,7 48,6 43,7 40,6
Französisch 30,9 33,7 34,3 34,4 32,4 35,0 31,4 26,9 27,0 30,5 28,0 29,6
Chinesisch 4,3 5,8 6,6 7,3 8,3 6,7 5,3 6,0 8,8 10,2 17,7 20,8
Russisch 2,7 4,2 3,3 3,6 4,7 4,9 5,0 2,9 2,5 2,6 1,9
Spanisch 2,3 2,5 2,9 3,6 4,0 4,2 5,8 6,9 6,1 6,2

Man sieht, daß an der Universität Tokyo der Anteil des Deutschen an den zweiten Fremdsprachen in gut 10 Jahren v.a. zugunsten des Chinesischen um 30% zurückgegangen ist. Ein kurzes Hoch nach der Vereinigung hat den Trend nicht aufhalten können, und er wird sich inzwischen fortgesetzt haben. An anderen Universitäten ist die Situation, in Abhängigkeit vom Fremdsprachenangebot, ähnlich. Ein stärkeres Abrutschen wurde vielfach nur verhindert, indem neben dem Pflichtfach Englisch die zweite Fremdsprache Deutsch ebenfalls zum Pflichtfach erhoben wurde.11 Für die Fachstudenten ist eher ein noch stärkerer Rückgang wahrscheinlich, sie fallen aber quantitativ ohnehin kaum ins Gewicht.12

Unter diesen Umständen kann man eigentlich nach wie vor von einer vergleichsweise günstigen Situation für die Germanistik sprechen. Denn der Abwärtstrend ist nicht zufällig, sondern spiegelt eine verspätete Anpassung des studentischen Wahlverhaltens an die Realität wider. Auf dem Stellenmarkt spielt Deutsch so gut wie keine Rolle: Mitte der 90er Jahre etwa hatten von den 1200 Hochschulabsolventen aus dem Bereich Sprache und Literatur, die bei Fujitsu eingestellt wurden, 83% Englisch, 5% Französisch, jeweils 3% Chinesisch oder Deutsch studiert.13 Trotz des dramatischen Rückgangs der Studentenzahlen übt das Erziehungsministerium keinen unmittelbaren Druck in Richtung Umwidmung von Stellen aus. Eher ergreifen die Fakultäten — trotz der natürlichen Tendenz, den status quo zu erhalten — die Initiative und sorgen mittelfristig dafür, daß die Ungleichbehandlung der Fächer etwas gemildert wird.

Die Situation hängt aber ganz entscheidend von der internen Organisation der Fakultäten ab. Das Erziehungsministerium vergibt Stellen nach der Relation zwischen Studenten und Professoren (der Schlüssel für die einzelnen Fachbereiche ist zwar gesetzlich festgelegt, wird aber in der Praxis vom Erziehungsministerium nach internen Überlegungen geregelt und nicht veröffentlicht, was in den Universitäten Raum zu Spekulationen gibt). Eigenständige deutsche Institute stehen also unter einem höheren Rechtfertigungsdruck als solche, in denen Germanistik zusammen mit anderen Literatur- und Sprachwissenschaften gelehrt wird, z.B. die Institute für Cultural Studies. Solche Neugründungen und Umbenennungen folgen nicht nur amerikanischen Tendenzen, sondern ergeben sich auch aus der Solidarität der einigermaßen sicheren Fächer mit bedrohten wie der Germanistik: Die unausweichlichen Kürzungen werden auf mehr Schultern verteilt.

Vor diesem Hintergrund sind nun in den letzten Jahren auch innerhalb und für die Germanistik verschiedene Versuche unternommen worden, das Interesse der Studenten zu wecken, dem Fremdsprachenunterricht neue Ziele zu geben, das Verhältnis von Fachstudium und Studium Generale neu zu definieren. Einige Neuansätze möchte ich kurz vorstellen.

An der juristischen Fakultät der privaten Keio-Universität wurde 1993 das Curriculum reformiert.14 Neben den regulären Kursen in einer zweiten Fremdsprache haben die Studenten — hauptsächlich Juristen, aber auch Politologen — die Möglichkeit, über drei Jahre Intensivkurse in Deutsch zu absolvieren, die bis zur zentralen Mittelstufenprüfung (ZMP) bzw. zum 1. Grad Deutsch in Japan (Dokken) führen. Eine ausreichende Zahl interessierter Studenten konnte man sich allerdings nur versprechen, weil das Deutsche für Juristen in Japan eine wichtige Rolle spielt. Noch immer werden zahlreiche Gesetze (jüngst z.B. Umweltgesetze und das Pflegegesetz) nach deutschem Vorbild entworfen. Eine hohe Sprachkompetenz im Deutschen fördert also unmittelbar die Karriere. Insofern waren die Bedingungen für eine Reform besser als andernorts.

Der Kurs vermittelt Sprachfähigkeiten zusammen mit landeskundlichem Wissen (auf dem Niveau des Abiturwissens). Dadurch soll nicht nur das Interesse der Studenten geweckt werden, sondern auch die Auseinandersetzung mit der deutschen Kultur von einem japanischen Standpunkt aus gefördert und so die Basis zu einer Kommunikationsfähigkeit auf relativierter Kulturbasis (Sambe 1996: 199) gelegt werden. Daneben werden Vorlesungen zur Einführung in die Arealkulturstudien gehalten, und zwar zu Amerika, Großbritannien, dem deutschen Sprachraum, Frankreich, Rußland, Ost- und Mitteleuropa, demnächst auch China. Der Deutschkurs wird in das Studium anderer Kulturen eingebettet und ermöglicht so ein angemessenes Verständnis interkultureller Problemstellungen.

Die Studenten werden jeweils vier Doppelstunden pro Woche unterrichtet, und zwar mit deutschen Lehrwerken und mit steigendem Anteil von Muttersprachlern: im ersten Jahr 1:3, im zweiten 2:2, im dritten 3:1. Jeder Kurs schließt auf dem Niveau einer Prüfung ab: das erste Jahr mit Dokken 3, das zweite mit Dokken 2 bzw. ZDaF, das dritte mit Dokken 1 bzw. ZMP. Die Klassenstärke wurde auf 20 Teilnehmer begrenzt. Von 1993 bis 1996 verdoppelte sich die Zahl der Anmeldungen von 20 auf 40.

Das vielbeachtete Modell reizte viele Universitäten zur Nachahmung; es beruht jedoch auf besonderen Voraussetzungen, die nur selten anzutreffen sind: ein vitales Interesse am Deutschlernen durch die Verknüpfung mit den Berufsaussichten, Flexibilität in der Lehrplangestaltung und eine genügende Anzahl von Lehrkräften durch entsprechende finanzielle Ausstattung.

Soweit es mit den Studienordnungen und dem Interesse der Studenten vereinbar ist, wurden aber kürzere Intensivkurse in den letzten Jahren an vielen Universitäten für die zweiten Fremdsprachen eingeführt. An der Universität Iwate beispielsweise können die Neulinge an der Philosophisch-Sozialwissenschaftlichen Fakultät im ersten Semester einen Intensivkurs mit 8 Wochenstunden wählen, der das Pflichtdeputat in der zweiten Fremdsprache schon abdeckt. Der Unterricht wird je zur Hälfte von einem japanischen Professor und dem deutschen Lektor übernommen. Für besonders interessierte Studenten wird er im zweiten Semester mit 4 und im zweiten Studienjahr mit 2 Wochenstunden weitergeführt. Diese Anfängerkurse haben sich, sowohl was den Lernfortschritt als auch was das Interesse der Studenten angeht, als erfolgreich erwiesen.

Die Öffnung des Fachstudiums für die Studenten im ersten und zweiten Studienjahr hat mancherorts zur Folge, daß in einigen Veranstaltungen sämtliche Jahrgänge vertreten sind, weil nicht genug Lehrkräfte vorhanden sind, um innerhalb des Fachstudiums eine durchgehende Differenzierung nach Pro- und Hauptseminaren durchzuführen. Für den im Hauptstudium fortgeführten Deutschunterricht folgt daraus, daß Anfänger zusammen mit relativ fortgeschrittenen Studenten zu unterrichten sind: eine fast unhaltbare Situation.

Generell ist durch den Reformdruck eine Öffnung zu eher kommunikativen Formen des Unterrichts festzustellen. Dies zeigt sich in der vermehrten Verwendung von in Deutschland konzipierten Lehrbüchern, in der Zusammenarbeit zwischen Muttersprachlern und japanischen Lehrkräften bei der Lehrwerkerstellung, in der engeren Abstimmung mit den Muttersprachlern sowohl bei der Planung des Curriculums als gegebenenfalls auch in der Unterrichtsvorbereitung. Außerdem werden gelegentlich japanische Stellen mit Muttersprachlern besetzt, häufig unter der Voraussetzung guter Japanischkenntnisse.

6. Schlußbemerkungen

Die Germanistik in Japan befindet sich im Umbruch. Unter den veränderten Rahmenbedingungen der Universitäten, die sich Ansprüchen von außerhalb öffnen müssen, der Ökonomie insgesamt und der Staatsfinanzen im Besonderen, neuen Mentalitäten unter den Studenten und einem geringeren Interesse an deutscher Kultur15 wird auf allen Ebenen experimentiert. Die ungünstigen Rahmenbedingungen — etwa die Einstellungspolitik der Firmen und die Identifikation des Fremdsprachenlernens mit dem Englischen — können jedoch von den germanistischen Abteilungen nicht beeinflußt werden.

Innerhalb der Germanistik ist daher in den letzten Jahren die Forderung nach einer Gesundschrumpfung aufgekommen, die auf die Abschaffung des Wahlpflichtfaches Deutsch hinauslaufen würde (Vgl. Mori 1998: 137f). Diese Forderung scheint mir etwas überzogen. Von der Sache her notwendig schiene mir vielmehr, die Prävalenz des Englischen zu begrenzen und die anderen Fremdsprachen generell aufzuwerten, möglichst auch an den Schulen. Dazu wäre eine politische Allianz der jetzigen zweiten Fremdsprachen notwendig, innerhalb derer das Deutsche dann allerdings keine Sonderrolle mehr einnehmen würde.

Ein weiteres Problem stellt das noch immer aus der Meiji-Zeit stammende Deutschlandbild dar. Deutsche und die Deutschdozenten in Japan gelten als ernsthaft, solide, seriös, tief und unverständlich. Dieses Image wird von Generation zu Generation weitergegeben und trägt unter den gewandelten Rahmenbedingungen zur Isolation des Deutschen bei. Daß die Germanistik und der universitäre Deutschunterricht dennoch und im Gegensatz zu ihrem Ruf im Aufbruch sind, scheint inzwischen klar zu sein. Wohin die Reise geht, ist zwar bislang noch schwer zu sagen. Es scheint mir aber, daß in dieser neuen Beweglichkeit eine Chance liegt, die man auch ergreifen will.

 

7. Anmerkungen

1 Der Vortrag wurde am 16. Mai 1999 auf der Vollversammlung der Lektoren-Vereinigung Korea im Goethe-Institut Seoul und — in stark gekürzter Form — im November 1999 auf dem Lektorenfachseminar in Yoshino / Japan gehalten. Für den Druck wurde er leicht überarbeitet. — Mein Kollege von der Universitat Iwate, Prof. Yamamoto Akihiko hat mir in mehreren Gesprächen das japanische Universitätssystem erläutert und viele Detailfragen aufgeklärt. Der Text stammt von mir (M.M.).

2 Einführend vgl. Teichler 1989; Möhwald 1993; Haasch 1979; Georg 1993. — Englische oder deutschsprachige Untersuchungen zur neueren Universitätsreform gibt es m.W. noch nicht. Wir waren also bei unserer Darstellung auf neuere Statistiken, Texte des japanischen Erziehungsministeriums, verstreute Einzelinformationen und eigene Erfahrungen angewiesen.

3 Die Zahlen sind nicht ganz vergleichbar: Bei der DFG handelt es sich um das gesamte Budget, bei der JSPS um die Summe der Ausgaben für nationale (22.925 Mio Yen) und für internationale (8.064 Mio Yen) Programme. Dennoch dürften die Größenordnungen in etwa stimmen. Vgl. DFG (1999), JSPS (1999), DAAD (1999) und A.v.H.-Stiftung (1999). Die Mittel der A.v.H.-Stiftung werden in der Kurzfassung des Jahresberichts 1998 nicht angegeben. Allerdings erreichen die Stipendienzahlen mit 2290 fur 1998 fast die Höhe der internationalen Programme der JSPS.

4 Als Hinweis auf die nach wie vor hohe Bedeutung des Paukens, besonders für Oberschuler, sei für 1984, 1990, 1997 und 1998 der Anteil der Schüler angegeben, die am späten Nachmittag oder abends Jukus besuchen. Grundschule: 28,1% / 37,7% / 38,6% / 35,3%; Mittelschule: 58,0% / 65,9% / 65,3% / 60,0%; Oberschule: 8,5% / 25,2% 34,0% / 35,7%. In den Ballungszentren liegen die Zahlen weit höher. Vgl. The Tokai Bank 1999.

5 So ging es Nakasone nicht zuletzt um die Japanisierung des von den Amerikanern nach dem Krieg eingerichteten Erziehungssystems, das ihm und anderen als Symbol der japanischen Niederlage erschien. Andererseits wurde beispielsweise auch eine Liberalisierung des Erziehungsmarktes gefordert, die Mittel- und Grundschulen in privater Trägerschaft zugelassen hätte und so zur Individualisierung der Erziehung beitragen sollte. Vgl. Schoppa 1991.

6 Andererseits soll nach dem Vorbericht des University Council vom Juni 1998 die Semesterwochenstundenzahl erhöht und die in einem Jahr maximal möglichen Leistungsnachweise (36 Punkte) festgeschrieben werden. Vgl. Asahi Shinbun, 1.7.98.

7 Vgl. Asahi Shinbun, 19.4.1999: 29. Die Universität Kyushu versucht mit der Reorganisation der Kurse, die Klassenstärken für diejenigen Studenten zu reduzieren, die an einem regulären Studium interessiert sind. Indem die Masse der Studenten zu Großklassen zusammengefaßt wird, werden Lehrkräfte für Intensivkurse freigesetzt.

8 Vgl. Ministry of Foreign Affairs (MoFA) 1999: Number of University Students (1984-1998). Adresse: http://www.jinjapan.org/stat/stats/16EDU59.html. Danach sind die Studentenzahlen innerhalb der letzten zwei Jahrzehnte kontinuierlich gestiegen (mit abflachender Kurve in den letzten vier Jahren), und zwar von 1.843.153 (1984) über 2.596.667 (1996) auf 2.633.790 Studenten (1998). Die Übergangsrate von der Oberschule zur Universität betrug 1987 31,0%, 1997 40,7% und 1998 42,5%. Vgl. MoFA: Rate of Advancement to Universities (1984-1998). Adresse: http://www.jinjapan.org/stat/stats/16EDU72.html.

9 Nach MoFA 1999, http://www.jinjapan.org/stat/qdw/qdw23.html ist die absolute Zahl der Zugänge zum Masterstudium von 26.644 (1987) auf 56.567 (1996) gestiegen, die der Zugänge zum Promotionsstudium von 6848 (1987) auf 14.345 (1996). Die Seite wurde inzwischen vom Netz genommen und durch Number of Master's Degrees (F.Y.1984-1998) ersetzt. Adresse: http://jin.jcic.or.jp/stat/stats/16EDU2A.html. Danach betrug die Zahl der abgeschlossenen Masterarbeiten für ganz Japan 1984: 653; 1990: 733; 1997: 1040; 1998: 1,099. Der Vergleich der beiden Zahlenreihen zeigt allerdings, daß das Masterstudium fast ausschließlich als Parkstudium betrieben wird. Die zunehmenden Zahlen von Masterstudenten und Doktoranden verdanken sich wahrscheinlich weniger einem Interesse an qualifizierter Ausbildung als den Schwierigkeiten bei der Stellensuche: Weniger als 2% der eingeschriebenen Studenten erreichen tatsächlich den Abschluß. — Für die Germanistik sind die Zahlen bis 1994 nahezu konstant geblieben. Jahr (absolute Zahl der Magisterarbeiten in Germanistik): 1988 (68); 1989 (71); 1990 (64); 1991 (51); 1992 (49); 1993 (68); 1994 (66). Zahlen nach Mochida 1996, Tabelle 10.

10 Inoffizielle Schätzung. Die offiziellen Zahlen des Erziehungsministeriums lagen — jedenfalls für 1997 — erheblich niedriger: Danach besuchten 1997 4.481.480 Schüler die Mittelschulen, 71.127 verweigerten den Schulbesuch (ca. 1,6%, ab 50 Tage Versäumnis), allerdings trotz sinkender Schülerzahl mit einer Steigerungsrate von 14% gegenüber dem Vorjahr. Vgl. dazu MoFA 1999: Number of Lower Secondary School Students (1984-1997). Adresse: http://www.jinjapan.org/stat/stats/16EDU53.html sowie: Number of Students Refusing to Attend School (F.Y. 1983-1996), http://www.jinjapan.org/stat/stats/16EDU91.html. Zahlenangaben über die Schulverweigerung in der Oberschule sind damit nicht vergleichbar, weil dort keine Schulpflicht mehr besteht. Das Erziehungsministerium gibt aber die Zahl der Schulabbrecher mit 98.179 (1995, ca. 2,2%) an. Die Gründe für Schulverweigerung sind sehr unterschiedlich. Sie reichen von Überforderung über psychische Störungen, Schikanen durch Mitschüler und Verweigerung des geforderten Paukens bis zur bloßen Langeweile hochbegabter Kinder. Zum Vergleich: Nach Pilgram 1999 beträgt die Rate der Schulverweigerer in Deutschland ca. 1,5% (70 000 der Schulpflicht unterliegende Schüler der Haupt-, Real- Gesamt- und Berufsschulen).

11 Mochida 1996: Tabelle 8: Festlegung der 2. Fremdsprache durch die Institution (1995?): Deutsch 48,6%, Französisch 21,8%, Chinesisch 9,5%, Englisch 6,1%, Russisch 5,6%, Spanisch 4,5%, Sonstige 3,9%. An der Universität Iwate wurde Deutsch als zweite Fremdsprache z.B. für Studenten der technischen Fakultät zum Pflichtfach. Inzwischen ist man davon aber wieder abgerückt.

12 Nach der — nicht sehr zuverlässigen — Länderkonzeption Japan ca. 4000, d.h. etwa 1,5 Promille der japanischen Studentenschaft.

13 Mochida 1996. Die Zahlen beziehen sich allerdings auf das Fachstudium. Die zweite Fremdsprache wird überhaupt bei Einstellungen nur ausnahmsweise eine Rolle spielen. In der Regel ist das Niveau zu niedrig, um von den Firmen sinnvollerweise berücksichtigt zu werden.

14 Die folgenden Informationen nach Sambe 1996. Vgl. auch den Beitrag von Sambe in diesem Band.

15 Vgl. z.B. die Umfragen zu international activities unter MoFA 1999: Opinion Survey. Adresse: http://www.jinjapan.org/stat/category_22.html.

 

8. Literaturverzeichnis

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Naka, Naoichi: Zur Entstehung und Entwicklung der japanischen Germanistik, Doitsu Bungaku. Die deutsche Literatur 100 (1998), 4-12.

Okamura, Saburo: Deutsch auf dem freien Markt. Was sollte man von den NHK-Umfragen 1985 und 1994 lernen? Waseda Daigaku Daigakuin Bungakukenkyuukakiyou 41 (1996), 119-133

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<http://www.isc.meiji.ac.jp/~mmandel/unireform_japan.html>